Wie wird ein Lebenslauf bewertet?

Zunächst ist es wichtig, herauszustellen, dass es eine allumfassende, allgemeine Anleitung zur Bewertung von Lebensläufen nicht gibt – die Beurteiler (z. B. Personalreferenten, Abteilungsleiter und Personalberater) sind Menschen mit unterschiedlichen Ausbildungswegen, Erfahrungswerten und Fachliteraturvorlieben. Sprich: Sie sind nicht vergleichbar und urteilen daher auch mehr oder weniger unterschiedlich.

Ferner muss berücksichtigt werden, dass ein Lebenslauf immer "in Gänze" beurteilt wird, d. h. einzelne kritische Punkte werden in Relation gesetzt zu vielen anderen Aspekten, sodass ein Gesamturteil resultiert. Dieses ist, je nach Beurteiler und Anforderungen an die zu besetzende Position, wiederum individuellen Gewichtungen unterlegen, sodass es kaum möglich ist, einen Lebenslauf generell als "gut" oder "schlecht" zu bezeichnen.

Nichtsdestotrotz ist es möglich (unter Berücksichtigung der vorgenannten Einschränkungen), ein paar generelle Fragen/Beurteilungsmaßstäbe zu nennen, die mit großer Wahrscheinlichkeit von den meisten Beurteilern berücksichtigt werden.


Persönliche Angaben

Hier gilt es zum einen zu unterscheiden zwischen sinnvollen und überflüssigen Informationen. Informationen wie etwa der Tag der Hochzeit, die Vornamen der Eltern und Kinder, die Geburtstage der Kinder sind überflüssig. Zum anderen weist ein Blick auf den Familienstand unter Umständen auf Probleme hin, die Mitbewerber vielleicht nicht haben (Auslandseinsätze bei Familienvätern; schulpflichtige Kinder könnten Mobilität erschweren; höheres Alter bei ledigen Managern kann Fragen aufwerfen, z. B. die nach der Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung im privaten Bereich).


Schulbildung

Zumeist wird der Bildungsweg dahingehend beurteilt, ob er konsequent und zum Werdegang passend (d. h. vorausschauend geplant) aufgestellt ist. Auch wird im Sinne eines Markers für Leistungsmotivation überprüft, ob das Abitur im richtigen Alter erreicht wurde, ob es häufige Schulwechsel in einer Region gab oder gar rückschrittliche Entwicklungen (Wechsel vom Gymnasium auf die Realschule).


Wehrdienst

Hier ist lediglich relevant, ob bei noch jungen männlichen Kandidaten die Einberufung noch aussteht. Eine Bewertung im Sinne von Wehrdienst kontra Zivildienst ist irrelevant (einzige Ausnahme: Bewerbung bei der Bundeswehr).


Studium

Ähnlich wie bei der Schullaufbahn wird auch wieder auf inhaltliche und zeitliche Konsequenz sowie Durchhaltevermögen hin geprüft. Weiter kann interessant sein, ob Fachrichtung und Hochschultyp (FH/TH) mit dem Anforderungsprofil der angestrebten Position übereinstimmen.


Nebentätigkeiten während des Studiums bzw. außeruniversitäre Aktivitäten

Hier kann festgehalten werden, dass diese insbesondere bei Berufseinsteigern von großer Bedeutung sind. In späteren Bewerbungsphasen nimmt das Interesse daran aber durch steigende Praxisanteile stetig ab.
Beurteilt werden inhaltliche Ausrichtung und Höhe des „persönlichkeitsbildenden Wertes (Konnte der Kandidat bereits hier organisatorische und/oder soziale Kompetenzen unter Beweis stellen?). Gibt es viele verschiedene Nebentätigkeiten, sollte überlegt werden, welche wirklich zum angestrebten Berufsbild passen – nicht alles muss erwähnt werden, vor allem wenn hierdurch ein wechselhafter oder undurchdachter Eindruck entstehen könnte.


Lückenlosigkeit bis zur Aufnahme der ersten praktischen Tätigkeit nach dem Studium

Während Schulzeit und Studium wird hier in der Regel recht tolerant beurteilt: Auf ein bis drei Monate kommt es meist nicht an, wenn der Rest stimmt. Nach dem Studium sind z. B. ein paar „offene“ Monate durchaus der Bewerbungsphase zuzuordnen. Viel wichtiger ist jedoch die

Lückenlosigkeit ab Aufnahme der ersten praktischen Tätigkeit nach Studienende

Hier werfen mehr als ein bis zwei Wochen unbelegbarer Zeit unter Umständen bereits Fragen auf, etwa ob der Kandidat etwas verheimlichen möchte (z. B. einen Gefängnisaufenthalt). Um wilden Vermutungen keinen Raum zu geben, sollten entsprechende Zeiträume in jedem Fall klar benannt und begründet werden. Ein offensives Vorgehen und unter Umständen ein Eingestehen eines Fehlers (wenn er denn nicht häufiger vorkommt) wirken hier glaubwürdiger und selbstbewusster als der Versuch, etwas zu vertuschen.


Berufspraxis

Dies ist der wichtigste Abschnitt des Lebenslaufes, insbesondere mit fortschreitender Berufspraxis. Der Beurteiler wird in der Regel zunächst einen übergreifenden Blick versuchen: Ist generell eine positive Bewährung im Arbeitsleben erkennbar? Ist die Entwicklung des Bewerbers positiv oder zeigen sich Rückschläge bzw. rückläufige Gesamttendenzen?

Im Weiteren wird spezifischer auf die ausgeschriebene Position hin geprüft: Passen die fachliche Linie, die Branchen und Firmengrößen zur ausgeschriebenen Position? Ist die angestrebte Position der folgerichtige Schritt gegenüber der heutigen in der Laufbahnentwicklung? Ist Überqualifikation zu befürchten? Hat der Kandidat erkennbar die erforderlichen Erfahrungen? Interessant ist ferner, ob die Verweilzeiten pro Arbeitgeber in Ordnung sind oder aufgrund ihrer Kürze hinterfragt werden müssen.


Weiterbildung/Hobbys

Auch Weiterbildungen werden hinsichtlich ihrer inhaltlich/fachlichen Qualität hin überprüft. Hier gilt: Qualität vor Quantität (wenn es fachlich keinen Bezug zur angestrebten Position gibt). Hobbys sind ein kleiner und feiner Aspekt der Persönlichkeitsdarstellung: Greift der Kandidat hier zur Standardlösung (Lesen, Sport, Freunde) oder gewährt er einen (freilich nicht zu tiefen) Einblick in seine wirklichen persönlichen Interessen, sodass ein konkretes Bild der dahinterstehenden Persönlichkeit entstehen kann? Mit der Standardlösung macht man sicherlich nichts falsch, etwas konkreteres Material weckt das Interesse an der Person jedoch sicherlich stärker.


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